ZEIT ONLINE

2022-07-01 18:36:45 By : Ms. Jannicy Pu

Vielleicht gehören Sie ja zu den vielen Leserinnen und Lesern der ZEIT, die sich manchmal vom Umfang des wöchentlichen Informationspakets überfordert fühlen und sich dann einzelne Artikel herausreißen, "für später". Dabei haben Sie bestimmt schon einmal bemerkt, dass sich das Papier in der vertikalen Richtung, also parallel zu den Textspalten, leicht und gerade reißen lässt. In der Querrichtung reißt es oft unregelmäßig, schnell ist die Überschrift oder ein Teil des Texts futsch.

Das hat etwas mit der Herstellung des Papiers zu tun. Wenn Sie zu Hause schon einmal Papier mit der Hand geschöpft haben, kennen Sie das Prinzip: Holz- und Papierfasern schwimmen in einem dünnflüssigen Brei, den man auf ein feines Sieb aufträgt. Das Wasser läuft ab, und beim Trocknen verbinden sich die Fasern miteinander und bilden so das Papier.

Bei diesem manuell produzierten Papier richten sich die Fasern völlig zufällig aus, und es lässt sich in jeder Richtung gleich gut reißen. Industriell hergestellte Papiere dagegen werden auf ein bewegliches Sieb aufgetragen. Auf diesen mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde dahinrasenden Bändern richten sich etwa 80 Prozent der Fasern parallel zur Laufrichtung des Siebes aus – vergleichbar mit Baumstämmen, die flussabwärts im Wasser treiben. Und entlang dieser Richtung lässt sich dann das Papier sauberer reißen als quer dazu.

Wie leicht sich Papier reißen lässt, ist also kein Qualitätsmerkmal, sondern hängt vom Herstellungsprozess ab. Papiere, bei denen die Laufrichtung parallel zur langen Seite verläuft, nennt man auch "Schmalbahn". "Breitbahn"-Papiere sind entsprechend solche, bei denen die Laufrichtung parallel zur kurzen Seite des Bogens liegt.

Die Faserrichtung des Papiers muss bei der Weiterverarbeitung berücksichtigt werden: Die Papierbahnen, auf denen zum Beispiel die ZEIT gedruckt wird, rasen parallel zu dieser Laufrichtung durch die Druckmaschine – sonst würde das Papier leicht reißen.

Beim Druck im heimischen Laserdrucker ist es ebenfalls wichtig, dass die Laufrichtung des Papiers der des Druckereinzugs entspricht. Denn beim Druck wird das Papier sehr heiß, es trocknet auf einer Seite schneller als auf der anderen und neigt dazu, sich zu wellen – und zwar parallel zur Faserrichtung, was in diesem Fall nicht weiter stört. Liegt die Lauf- jedoch quer zur Druckrichtung, bildet das Papier Röllchen, die schnell für einen Papierstau sorgen. Auch beim Buchdruck liegt die Laufrichtung des Papiers parallel zum Buchrücken, weil es sich so leichter falzen lässt.

Übrigens: Zeitungsartikel lassen sich ganz sauber und problemlos heraustrennen, wenn man eine Schere zu Hilfe nimmt.

Diese Woche fragt Hannelore Stöver aus Bremen. Und worauf suchen Sie eine Antwort? Schreiben Sie an: DIE ZEIT, Wissen-Ressort, 20079 Hamburg, oder stimmts@zeit.de. Das Archiv: www.zeit.de/stimmts

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