Warum dürfen Frauen nur bekleidet schwimmen?

2022-05-27 20:52:24 By : Ms. Shelly Pan

Laut Zentralschweizer Badmeistern ist es kein Problem, wenn Frauen sich oben ohne sonnen. Mit nackter Brust zu schwimmen, geht aber nicht. Dabei gibt es kein besseres Gefühl.

Frauen oben ohne in der Badi? Was gemäss Klickzahlen die Leserschaft offenbar stark bewegt, ist kein Problem in den Zentralschweizer Badis, wie eine Umfrage unserer Zeitung zu Tage brachte. Was mich aber an den Aussagen einiger Freibadverantwortlichen irritiert: Während es toleriert wird, wenn Frauen oben ohne auf der Wiese liegen, ist schwimmen ohne Oberteil mancherorts nicht genehm. Da frage ich mich ganz ehrlich, wie das begründet wird. Ein hygienisches Problem kann ich bei nackten Brüsten im Wasser beim besten Willen nicht erkennen. Und was die Sittlichkeit betrifft: Auf der Liegewiese ist der Busen doch viel ausgestellter als unter Wasser, wo man auch vor Spannern besser geschützt ist – ausser diese haben eine Taucherbrille auf.

Aus Gleichstellungssicht ist der Fall klar: Was Mann darf, soll Frau auch dürfen. Und wer jetzt behauptet, der Ober­körper eines Mannes sei nicht mit jenem einer Frau zu vergleichen, der rede bitteschön mal mit einer heterosexuellen Frau. Eine Männerbrust kann genauso erotisch auf eine Frau wirken, wie weibliche Brüste auf einen Mann. Nur ist der männliche Körper gesellschaftlich nicht so stark sexualisiert wie der weibliche – der eigentliche Grund, warum Frauen sich nicht oben ohne zeigen wollen. Wer mit lüsternen Blicken rechnen muss, schützt sich lieber durch ein Stück Stoff. Dabei – sind wir mal ehrlich – wäre es doch eigentlich kein Problem. In der Sauna sitzen wir alle nackt. Dort schafft es die grosse Mehrheit sowohl der Männer als auch der Frauen, ihre Blicke einigermassen in Zaum zu halten.

Saunas sind in der Schweiz heute kein Randphänomen, anders als Freikörperkultur – was ich schade finde. Denn nirgends findet man zu einem natürlicheren und unerotischeren Verhältnis gegenüber nackten Körpern als am FKK-Strand. Ich kann das nur jedem empfehlen. Aus eigener, bescheidener FKK-­Erfahrung weiss ich: Ein Körper, der zumindest teilweise verhüllt wird, ist attraktiver als ein nackter – weil er der Fantasie etwas Spielraum lässt. Deshalb plädiere ich absolut dafür, dass möglichst viele Menschen oben ohne in der Badi rumlaufen. Es könnte uns helfen, zu einem unverkrampften Verhältnis gegenüber Nacktheit zurückzukehren. Vielleicht können wir damit auch der Übersexualisierung den Garaus machen.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich mir gern etwas überziehe in der Badi. Am liebsten ein T-Shirt. Das liegt nicht an fremden Blicken, sondern an der Sonne und meiner bleichen Haut. Und weil ich kein Fan bin von Sonnencreme, bin ich froh um jedes Stückchen Stoff, das meine Haut bedeckt.

Um aber nochmals auf das Baden zurückzukommen: Es gibt kein besseres Gefühl, als oben ohne (oder ganz nackt) zu schwimmen – noch etwas, das ich allen empfehlen kann auszuprobieren. Ein Bikini kann dagegen unter Wasser leicht verrutschen und an Land fühlt er sich unangenehm an, wenn er nass ist. Ganz zu schweigen von einteiligen Badekleidern, die ewig nicht trocknen und dazu besonders mühsam sind beim Toilettengang. Da ist es so viel angenehmer, ganz auf Stoff im Wasser zu verzichten und sich nach dem Abtrocknen etwas ­überzuziehen.

Mein Ideal von einer Badi-­Kleideretikette wäre deshalb folgendes: Bekleidet auf der Liegewiese – ob mit Bikini, nur Badehose oder mehr sei jedem selbst überlassen – und oben ohne im Wasser. Wer macht mit?