Trocken in weniger als fünf Minuten. Das verspricht das neue Textilmaterial der Swijin AG.
Die St.Galler Kantonalbank und Startfeld zeichnen junge und innovative Unternehmen in der Ostschweiz mit dem Preis Startfeld Diamant und neu auch dem Rohdiamanten aus. Für den Rohdiamanten ist dank des extrem schnell trocknenden Swimrunners die St.Galler Swijin AG mit Chefin Claudia Glass nominiert. Die Preisverleihung findet am 2. Juni statt.
Wie ist die Idee für Swijin entstanden?
Claudia Glass: Im Sommerurlaub, beim Joggen am Meer. Ich wollte unbedingt ins Wasser springen, um mich abzukühlen, und ein paar Runden schwimmen. Doch in meiner gewöhnlichen Sportbekleidung ging das natürlich nicht.
Es gibt ja schon schnelltrocknende Sportkleidung. Wieso braucht es da noch Swijin?
Ein Produkt, das beim Laufen Halt gibt, aber nicht reibt und sich angenehm trägt, aber gleichzeitig auch beim Schwimmen funktioniert, wie ein Bikini und beim Wechsel der Elemente auch noch schnell trocknet, existiert bisher noch nicht. Die Kombination dieser Anforderungen entspricht deshalb in etwa der berühmten Quadratur des Kreises. Daher entwickeln wir einen komplett neuen Stoff, sehr schnell trocknend, thermoregulierend und als BH stringent auf die physiologischen Bedürfnisse ausgerichtet.
Welche Art von Sportbekleidung ist besonders geeignet und wie sieht die Nachfrage aus?
Die Pandemie hat bewirkt, dass Menschen ihren Sport zunehmend in der Natur treiben wollen. «Abenteuersportarten» im Wasser und die Nachfrage nach dahin spezialisierter Sportswear sind rasant am Wachsen. Ein paar Beispiele? Open-Water-Swimming (also nicht im Pool, sondern in Seen oder im Meer), Swimrun (man läuft und schwimmt, häufig zwischen den Elementen wechselnd, in einem kurzen Neoprenanzug über verschiedene Distanzen) oder ganz neu Longe-Côte (Aquatic Walking, mit kleinen Paddeln im Wasser den Strand entlang).
Wollen Männer und Frauen zu gleichen Teilen die Swijin-Suits?
Absolut. Viele Männer fragen uns, ob wir auch für sie einen Swimrunner entwickeln werden, damit sie ihre Frauen beim Joggen an den See begleiten können. Aber besonders die Frauen leiden tatsächlich unter den Druckstellen ihrer herkömmlichen Sport-BHs, die durch die Nähte – besonders, wenn nass – die Haut unter dem eng sitzenden Neoprenanzug teils blutig reiben. Solche Herausforderungen stellen sich bei den Männern ja nicht und entsprechend intensiver ist aktuell die Nachfrage bei den Frauen.
In welchem Stadium der Entwicklung befindet sich die Bekleidung und wer ist Partner bei der Entwicklung?
Unser Swimrunner wird via Ultraschall geschweisst, verwendet technische Klebstoffe und hat überhaupt nur zwei Nähte. Unsere Prototypen haben wir direkt mit den Athletinnen entwickelt und planen für diesen Sommer die Markteinführung. Man glaubt kaum, wie komplex so ein Textilprodukt ist, will man als Produzent Transparenz über seine Wertschöpfungskette herstellen. Entsprechend lang ist die Liste unserer Industriepartner und Zulieferer. Zu erwähnen ist natürlich unser Projekt mit der Empa. Zu Beginn hatte ich die Komplexität des Produkts komplett unterschätzt. Empa und alle anderen im Projekt involvierten Firmen sind jedoch höchst motiviert und ich bin schon jetzt sehr gespannt, zu welchen weiteren Innovationen es bei den nächsten Iterationen kommen wird.
Wo kommt die Nachhaltigkeit ins Spiel?
Produkte aus synthetischem Textil eignen sich, wenn im Produkt richtig verwendet, hervorragend für sogenanntes «Cradle to Cradle». Wir planen, dass die Kunden unseren Swimrunner als Neu für Alt an uns zurücksenden und wir die Ausgangsstoffe direkt wieder der Produktion zuführen können. In der Produktion und Verarbeitung und Wiederverwendung solcher neuartiger Textilien in einem optimierten Kreislauf sehe ich im Übrigen sehr viel Potenzial für die Region.
Welche Einsatzbereiche ausser Sport sind noch denkbar?
Wir analysieren alle Situationen, die einen Wechsel der Elemente umfassen. Zum Beispiel kann ich beim Wandern in den Bergsee springen und fünf Minuten später bin ich wieder trocken genug, um meine Wanderkleider überzuziehen und weiterzulaufen. Im Sommer werde ich ein Sommerkleid über den Swimrunner ziehen und direkt in die Stadt gehen können zum Shoppen. Ich kann mich also komplett frei bewegen. Es geht uns um Vereinfachung und mehr Freiheit.
Wie viele Mitarbeitende hat Swijin und wie viele werden es in drei Jahren sein?
Aktuell besteht unser Team noch aus acht Leuten, Ende 2024 sollen es bereits über 30 sein.
Gibt es weitere Projekte in der Pipeline?
Ich verrate nur: Neben der Erweiterung unserer Produktpalette haben wir schon zwei weitere Erfindungen am Start. Bei einer geht es um das Problem «Was mache ich beim Schwimmen mit meinem Handy, meinen Schuhen?». Unsere ersten Entwürfe sind wunderschön und dienen gleichzeitig der Sicherheit beim Schwimmen.