Pfandbecher: Hamburg bekommt ein Mehrwegsystem für Coffee to go - WELT

2022-05-13 20:34:26 By : Ms. Coco Coco

I n Deutschland werden nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe stündlich 320.000 Coffee-to-go-Becher verbraucht. Startet in Hamburg nun die Lösung für die Beseitigung der daraus entstehenden riesigen Müllberge? Das Vorhaben des Kaffeehändlers El Rojito in der Hansestadt ist zumindest ein Anfang.

Das Prinzip: Stadtweit können in teilnehmenden Cafés künftig Mehrwegbecher gegen eine kleine Pfandgebühr genutzt werden. Für 1,50 Euro bekommt man einen Mehrweg-Pfandbecher, gegen eine weitere Gebühr von 1,50 Euro gibt es einen eigenen Deckel mit Mundstück und einem roten Filzring dazu. Im Café wird der Becher dann heiß ausgespült und mit frischem Kaffee befüllt. Genauso kann der Becher wieder abgegeben werden, die Pfandgebühr gibt’s dann auch zurück. Lediglich Mundstück und Filz bleiben aus hygienischen Gründen beim Besitzer.

Der Hamburger Kaffeeröster El Rojito handelt seit fast 30 Jahren mit Kaffee. „Wir sind Menschen mit politischem Anspruch, wir unterliegen keinen wirtschaftlichen Zwängen“, heißt es in der Selbstbeschreibung.

El Rojito betreibt im Stadtteil Ottensen auch ein Café: „Unsere Kunden haben lange bei uns die Porzellanbecher genutzt – der war aber vielen zu schwer für unterwegs. Jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter“, sagt Sprecher Roman Witt. Während in anderen teilnehmenden Lokalitäten die Mehrwegbecher optional zum bestehenden Angebot genutzt werden können, setzt das Ottenser Café auf eine Pflicht der Pfandbecher – und schafft die Pappbecher komplett ab. Damit ginge man zwar ein Risiko ein, aber die Betreiber glauben an das Prinzip und die entsprechende Nachfrage der Hamburger, sagt Sprecher Witt.

Die 400 Milliliter fassenden Mehrwegbecher überstehen etwa 75 Durchgänge in der Spülmaschine. Sie sind aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und zu 100 Prozent biologisch abbaubar. Der Mehrwegbecher besteht aus dem Baumsaft Lignin, der in der Papierindustrie ein Abfallprodukt ist. Kritiker bemängeln allerdings, dass der Becher den Kaffeegeschmack nicht so transportiert, wie andere Coffee-to-go-Behältnisse.

Elf Hamburger Cafés und Bäckereien unter anderem in den Stadtteilen Eimsbüttel, Ottensen, Sternschanze und St. Pauli machen bereits mit. Und die Nachfrage steigt – sogar aus anderen Teilen Deutschlands bekommt der Kaffeehändler mittlerweile Anfragen. Auch die Hamburger Politik geht bereits mit einer Öko-Initiative voran, um den Müll infolge von Kaffeekonsum einzudämmen: Die Verwaltung in der Stadt verzichtet seit Kurzem auf Alu-Kaffeekapseln für die Mitarbeiter. Ein Beispiel, das bundesweit für Schlagzeilen sorgte.

Und auch den Müllbergen aus Plastik und Pappe, die durch die Coffee-to-go-Wegwerfbecher entstehen, will die Stadt nicht mehr länger hinnehmen: Ende November soll es einen Kaffeegipfel geben, bei dem namenhafte Hersteller, Politik und Stadtreinigung an einem Tisch sitzen und Lösungsmöglichkeiten diskutieren. „Wir wollen die Möglichkeit prüfen, ein hamburgweites Mehrweg-Pfandsystem aufzubauen“, sagt Ulrike Sparr, Sprecherin für Umwelt, Naturschutz und Energie der Grünen Bürgerschaftsfraktion. Die Pappbecher abzuschaffen sei das Ziel, könne aber nur in Abstimmung mit allen Beteiligten geschehen. Andernfalls könnte die Stadt eine zusätzliche Abgabe auf die Pappbecher erheben – um diese so unattraktiv zu machen.

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