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2022-07-29 18:37:55 By : Ms. Cara Yang

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Das traditionsreiche Unternehmen fertigt unter anderem Filze für die Hämmerchen von Klavieren. Firmeninhaber Jochen Brand (l.) und Geschäftsführer Joachim Hildebrandt im Zuschnitt.

© Quelle: Foto: Andreas Döring

Der Ton macht die Musik. Insbesondere dann, wenn der berühmte, aber vor allem klangvolle Hammerkopffilz der Wurzener Firma J. D. Weickert auf die Saiten schlägt. Das war früher schon so und ist es heute wieder. 25 Jahre nach dem Kauf des Unternehmens beschäftigt Familie Brand 140 Mitarbeiter.

Wurzen. Der Ton macht die Musik. Insbesondere dann, wenn der berühmte, aber vor allem klangvolle Hammerkopffilz der Wurzener Firma J. D. Weickert auf die Saiten schlägt. Das war früher schon so und ist es heute wieder. „Eigentlich hat mich mein Vater Klaus vor Klavierfilz gewarnt. Zwanzig bis dreißig Prozent kommen zurück, sagte er damals“, erzählt Joachim Brand und spielt dabei versonnen an einem Modellbausatz der Louis Renner GmbH & Co. KG herum, der den Mechanismus des Instrumentes anschaulich demonstriert.

Damals? Genau genommen sind seither 25 Jahre vergangen. Denn am 29. Juni 1991 unterschrieb Klaus Brand den Kaufvertrag für den VEB Technische Filze Wurzen, vormals Filzfabrik J. D. Weickert AG. Also jenes Unternehmen am Rand der Stadt, das 1783 gegründet wurde und am 16. Oktober 1861 von Golzern in die Nähe der Mulde und des Mühlgrabens umzog. Der Betrieb ist eng mit den Namen Johann Dankegott Weickert (1751 – 1816) und dem Leipziger Hutmachermeister Friedrich Wilhelm Patzschke (1783 – 1857) verknüpft. Patzschke gelang es erstmals in Deutschland, einen brauchbaren Pianoforte-Filz herzustellen; August Friedrich Weickert (1801 – 1878), Sohn von Johann Dankegott, finanzierte die industrielle Produktion.

Der Pianofortefilzfabrik Wurzen im Jahr 1908.

Doch zurück zur Neuzeit. Auf den wohlgemeinten Rat seines Vaters, der am 8. September 2014 verstarb, hörte Joachim Brand jedenfalls nicht. Den Widerspruch verursachte ein „alter Ingenieur-Papst“ und ein noch älteres Rezeptbuch, das der frühere Produktionsleiter übergab, erinnert sich der 63-Jährige. „Beim blinden Test zweier Probetafeln des Wurzener Hammerkopffilzes mit vier Flügeln stellte der Experte Anfang der 90er-Jahre nämlich fest, dass dieser wie einst der Weickert-Filz klingt.“

Mittlerweile produziert das Werk im Crostigall 55 pro Jahr etwa 320 Tonnen Filz, davon 120 Tonnen Klavierfilz und genießt weltweit unter den Instrumentenbauern einen exzellenten Ruf. So zum Beispiel beim renommierten Klavierspezialisten Louis Renner GmbH & Co. KG mit Stammhaus in Gärtringen bei Stuttgart und einer Montagefabrik in Meuselwitz. Jedoch sei der Weg bis hierher keineswegs einfach gewesen, erinnert sich Brand, der in Mississauga lebt, einer kanadischen Großstadt westlich von Toronto. Den wachsenden Erfolg führt der Firmenchef auf die Güte des Produktes, harte Arbeit, Mund-zu-Mund-Propaganda und eine gute Belegschaft zurück.

So sehen fertige Hammerköpfe aus.

Dabei waren die Anfänge schwer. Zur Wende beschäftigte der volkseigene Betrieb 350 Frauen und Männer, dann 120 und zum Schluss 90. „Angefangen haben wir 1991 mit 30 Leuten und einem Umsatz, der gerade einmal für 15 reichte.“ Binnen eines halben Jahres verbesserten Brands die Qualität, investierten weit über 15 Millionen Euro in die Sanierung des Betriebes – außen wie innen. Heute finden wieder 140 Mitarbeiter Lohn und Brot beim Familienunternehmen mit insgesamt 500 Beschäftigten, drei Herstellungsbetrieben in Deutschland, einem Verarbeitungsbetrieb in Braunschweig und Übersee. Aus Braunschweig kommt übrigens Joachim Hildebrandt, der als Geschäftsführer seit 1. August 2014 „für den guten Ton vor Ort sorgt“. Der 43-jährige Diplomingenieur, dessen Großvater aus Eilenburg stammt, übernahm die Aufgaben von Helmut Lachmann, der vor zwei Jahren in Ruhestand ging.

Bei einem Rundgang, der im Krempelsaal beginnt, informiert Hildebrandt, dass die Wurzener Palette weitmehr zu bieten habe als den speziellen Hammerkopffilz. „Allein 1,5 bis 1,6 Tonnen Filz wird hier täglich aus tierischem Rohstoff produziert – reiner Schafswolle.“ Diese kauft das Unternehmen über deutsche Händler aus Neuseeland, Australien oder Afrika ein. „Entscheidend ist dabei die Beschaffenheit des Materials; die Wolle muss bereits vorgesäubert sein.“ Fürs Reinigen nutzt die Filzfabrik das Wasser aus dem eigenen Brunnen. „Viele glauben es kaum. Aber technische Filze werden überall gebraucht. In der Automobil-, Möbel- und Verpackungsindustrie oder als Dichtringe beim Waggonbau, in der Elektronik, sogar bei Windkraftanlagen“, verdeutlicht er, während unmittelbar neben ihm die Befema-Krempelmaschine laut rattert.

Von dort aus geht es zur Filzerei. Hildebrandt erklärt: „Feste Filze haben die Dichte von leichten Hölzern.“ Und dazu brauche es vier Dinge: Wasser, Wärme, Druck, Bewegung. Nach dem Vorgang über zweimal sieben Minuten schneidet Yvonne Köhler die Filzmatten in sogenannte Tafeln. Den entsprechenden Härtegrad durch Stauchen und Strecken erhält der Filz je nach späterem Einsatzzweck schließlich in der Hammerwalke. Im Trockenhaus ist vorerst Schluss mit dem Herstellungsprozess und dem Exkurs des Geschäftsführers.

Wobei Joachim Brand gern noch schnell sein aktuelles Projekt zeigen möchte – die sanierte Patzschke-Villa auf dem Betriebsgelände. Die unteren Räume der Immobilie, erbaut 1883/1884, sollen in Zukunft das Seminar- und Kundencenter der Filzfabrik Wurzen GmbH beherbergen. Oben wohnt der Chef selbst, denn vier Monate im Jahr weilt er in Deutschland und dann eben auch in Wurzen.

Die Geschichte der Filzfabrik Wurzen

1846/1847 – dem Leipziger Hutmachermeister Friedrich Wilhelm Patzschke (1783 – 1857) gelang es gemeinsam mit seinem Sohn Carl Wilhelm (1815 – 1879) erstmals in Deutschland einen brauchbaren Pianoforte-Filz herzustellen. Um den Filz industriell zu fertigen, benötigten sie einen Geldgeber und fanden diesen in August Moritz Weickert (1801 –­ 1878). Oktober 1847 – das Unternehmen legte die erste gelungene Filztafel vor 1848 – Beginn der industriellen Produktion in Werdau 1850 – Umzug nach Golzern bei Grimma wegen des unsauberen Wassers der Pleiße und der rußigen Luft in Werdau; Carl Wilhelm Patzschke übernimmt die Leitung des Betriebes 1861 – weil die Räume in Golzern zu klein wurden, erfolgte am 16. Oktober der Umzug nach Wurzen an den Mühlgraben 1870 und 1881 – Fabrik wird durch Anbauten vergrößert; 1879 wird Rudolph Patzschke nach dem Tod seines Vaters Carl Wilhelm der Direktor der Fabrik 1929 – Umwandlung des Betriebes in eine Aktiengesellschaft aufgrund der allgemeinen Wirtschaftskrise; Direktor ist Martin Patzschke in dritter Generation 1945 – am 28. April nehmen sich Martin Patzschke und seine Frau das Leben, vermutlich aus Furcht vor Repressalien der anrückenden sowjetischen Truppen 1952 – Filzfabrik Wurzen wird Pachtbetrieb der VVB (Vereinigung Volkseigener Betrieb) Pelz Leipzig; danach erfolgte die Enteignung 1966 bis 1969 – VEB Vereinigte Filzfabriken Wurzen mit Oschatz, Zittau und Georgewitz 1975 – Fusion der zwölf DDR-Filzfabriken zu VEB Technische Filze Wurzen 1991 – am 29. Juni erwirbt Klaus Brand den Betrieb von der Treuhand. Bis 1945 war der neue Besitzer übrigens als Prokurist in der väterlichen Firma Ambrosius Marthaus, Filzfabrik Oschatz, beschäftigt

1846/1847 – dem Leipziger Hutmachermeister Friedrich Wilhelm Patzschke (1783 – 1857) gelang es gemeinsam mit seinem Sohn Carl Wilhelm (1815 – 1879) erstmals in Deutschland einen brauchbaren Pianoforte-Filz herzustellen. Um den Filz industriell zu fertigen, benötigten sie einen Geldgeber und fanden diesen in August Moritz Weickert (1801 –­ 1878).

Oktober 1847 – das Unternehmen legte die erste gelungene Filztafel vor

1848 – Beginn der industriellen Produktion in Werdau

1850 – Umzug nach Golzern bei Grimma wegen des unsauberen Wassers der Pleiße und der rußigen Luft in Werdau; Carl Wilhelm Patzschke übernimmt die Leitung des Betriebes

1861 – weil die Räume in Golzern zu klein wurden, erfolgte am 16. Oktober der Umzug nach Wurzen an den Mühlgraben

1870 und 1881 – Fabrik wird durch Anbauten vergrößert; 1879 wird Rudolph Patzschke nach dem Tod seines Vaters Carl Wilhelm der Direktor der Fabrik

1929 – Umwandlung des Betriebes in eine Aktiengesellschaft aufgrund der allgemeinen Wirtschaftskrise; Direktor ist Martin Patzschke in dritter Generation

1945 – am 28. April nehmen sich Martin Patzschke und seine Frau das Leben, vermutlich aus Furcht vor Repressalien der anrückenden sowjetischen Truppen

1952 – Filzfabrik Wurzen wird Pachtbetrieb der VVB (Vereinigung Volkseigener Betrieb) Pelz Leipzig; danach erfolgte die Enteignung

1966 bis 1969 – VEB Vereinigte Filzfabriken Wurzen mit Oschatz, Zittau und Georgewitz

1975 – Fusion der zwölf DDR-Filzfabriken zu VEB Technische Filze Wurzen

1991 – am 29. Juni erwirbt Klaus Brand den Betrieb von der Treuhand. Bis 1945 war der neue Besitzer übrigens als Prokurist in der väterlichen Firma Ambrosius Marthaus, Filzfabrik Oschatz, beschäftigt

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