Druck als Mittel der Wahl

2022-08-26 18:43:00 By : Mr. Kevin Du

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Schwere Folgen von Tauchunfällen zeigen sich meist noch vor Ort, mildere manchmal erst Stunden später. Aufgrund der teils unspezifischen Symptome suchen Betroffene dann ggf. Rat beim Hausarzt. Dieser sollte rasch und entschieden handeln.

Während des Tauchens mit Pressluft lagern sich Stickstoff und andere inerte Gase in den Geweben ein, wobei das Ausmaß von der Dauer und Tiefe des Tauchgangs abhängt. Beim Auftauchen übersteigt der Partialdruck der gelösten Gase in den Geweben den abnehmenden Umgebungsdruck. Zur Kompensation sind deshalb auf dem Weg nach oben Zwischenstopps einzulegen, damit der Stickstoff wieder „abgeatmet“ werden kann.

Werden die in Tauchtabellen oder -computern angegebenen Empfehlungen bzgl. der Auftauchgeschwindigkeit nicht genau befolgt, können die gelösten Gase „ausperlen“. Es bilden sich Gasbläschen, die in Gewebe und Gefäße eindringen und diese schädigen. Dies führt zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Dekompressionskrankheit – unter Umständen bis hin zu Ischämie und Infarkt.

Wegweisend für die Diagnose ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Tauchgang und Symptomen, erläutern Prof. Dr. ­Simon ­Mitchell und Kollegen von der Universität Auckland. Nur selten vergehen mehr als sechs Stunden, bis Beschwerden auftreten. Diese können verschiedene Organsystemen betreffen:

Weiterhin können allgemeine Beschwerden wie Fatigue, Unwohlsein und Kopfschmerzen auftreten. Sie werden oft ähnlich wie bei einer Virusinfektion beschrieben.

Bei einer arteriellen Gasembolie, die als schwerste Form der Taucherkrankheit gilt und meist Folge eines panikartigen Aufstiegs ist, entwickeln sich die Symptome rasch und dramatisch. Binnen zehn Minuten kommt es initial zu Symptomen, die auf eine zerebrale Schädigung hindeuten. In Fallserien waren dies häufigsten Bewusstseinsverlust (39 %), gefolgt von Verwirrtheit (37 %), Schwindel und Präsynkopen (30 %), halbseitiger Lähmung (27 %), Sehstörungen (21 %), Kopfschmerzen (20 %), Dysphasie (11 %) und Krampfanfällen (11 %). In etwa der Hälfte der Fälle traten Symptome eines pulmonalen Barotraumas auf, wie Brustschmerzen und Hämoptysen. 

Umfangreiche diagnostische Maßnahmen tragen nicht zur Therapieentscheidung bei und verzögern oft nur den Behandlungsbeginn, so Prof. Mitchell und Kollegen. Bei berechtigtem Verdacht sind jedoch in Einzelfällen weitere Untersuchungen zum Ausschluss alternativer Diagnosen angebracht. Idealerweise sollte in jedem Fall eine vollständige neurologische Untersuchung stattfinden. Sinnvoll ist beispielsweise der Romberg-Test, die Überprüfung des Gangbildes und der Tandem-Gang-Test (vorwärts und rückwärts mit offenen und geschlossenen Augen). Bei Verdacht auf eine arterielle Gasembolie ist – sofern in angemessenem zeitlichem Rahmen durchführbar – ein Röntgenthorax in Rückenlage oder eine Ultraschalluntersuchung des Brustkorbs ratsam, um vor Einleitung der Rekompression einen Pneumo­thorax auszuschließen. 

Die Therapie besteht optimalerweise aus Rekompression und Sauer­stoffgabe in einer Überdruckkammer. Ist eine entsprechende Einrichtung nicht erreichbar oder der Transport des Verunfallten dorthin unpraktikabel bzw. gefährlich, sollte zumindest schnellstmöglich Sauerstoff und Flüssigkeit gegeben werden. Dieses Vorgehen kann bei leichteren Verläufen genügen. Von einem milden Verlauf kann man ausgehen, wenn neurologische Anzeichen fehlen und nur milde Beschwerden wie muskuloskelettale Schmerzen, Hautmanifestationen und allgemeine Krankheitssymptomen vorliegen. Die Einschätzung sollte aber immer gemeinsam mit einem auf Tauchmedizin spezialisierten Arzt erfolgen.

Quelle: Mitchell SJ et al. N Engl J Med 2022; 386: 1254-1264; DOI: 10.1056/NEJMra2116554

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